Vereinschronik

Kurzchronik von 1979 anlässlich des 110 jährigen bestehens des

Bürgervereins „Harmonie“in Bruchhausen-Vilsen

 

Gegründet wurde der Verein am 10. Januar 1869 als „Bürger-Club-Harmonia“ und ist somit einer der ältesten Vereine unseres Kreises. Die Mitglieder dieses „Clubs“ gaben sich am 10. Januar 1869 auf einer Generalversammlung die ersten „Statuten“, die natürlich im Lauf der nächsten 110 Jahre mehrmals geändert wurden, jedoch in ihrem Grundgehalt noch in der heutige gültigen Satzung von 1979 enthalten sind. Als lohnender Beitrag aus vergangenen Zeiten soll hier der § 1 der „Statuten“ von 1869 zitiert werden:

 

„Zweck des Clubs

§ 1

Der Club bezweckt eine gemeinsame Erheiterung und Verschönerung des Lebens, insbesondere sollen in demselben gemeinschaftlichen Vergnügungen veranstaltet und veredelt, ernste Situationen gereinigt und wahrer Patriotismus und gemeinnütziger Sinn geweckt und gefördert werden. Zu diesem Zwecke findet an jedem Sonntagabend in einem Gasthause eine Zusammenkunft statt, in welcher sich jeder nach Belieben entweder durch Spiel, Lesen oder sonstige Unterhaltung amüsieren kann. Zugleich liegt es in der Absicht des Clubs, am ersten Sonntage eines jeden Monats ein Tanzkränzchen mit Musik und Tanz abzuhalten, und sollen dabei die etwaigen Vorschüsse soweit die Kasse reicht aus dieser gewonnen andernfalls durch gemeinsame Beiträge gleichmäßig aufgebracht werden.“

 

Bis zum 01. Februar 1891 sind mehrmals jährlich Eintragungen, Satzungsänderungen und Namen der Mitlieder aufgezeichnet worden. Erst im September 1897 erfolgte die nächste Eintragung. Auf den nun folgenden regelmäßigen Versammlungen geht es in erster Linie um die Durchführung des Bürgerballes und er Bestellung einer Totenfrau. Auch die Einstellung einen neuen Lehrers und Küsters wurde auf der Bürgerversammlung besprochen und dem „Magisterrat“ dringend empfohlen. Die enge Verbindung zur Verwaltung war schon durch die Personalunion von Vorsitz und Bürgermeisteramt gegeben.

 

Anlässlich des ersten Bürgerballes nach dem 1. Weltkrieg berichtet der damalige Vorsitzende über die ersten „50 Jahre Bürgerclub“ und bedauert, dass bedingt durch die Nachkriegswirren das 50-jährige Bestehen des Clubs am 10. Januar 1919 nicht gefeiert werden konnte. Der Schluss seines langen Berichtes ist es wert, ungekürzt hier wiedergegeben zu werden.

 

„In den letzten Jahren wandte der Verein sich auch kommunal-politischen Fleckensfragen zu. Er betätigte sich zur Wohlfahrt unserer Einwohnerschaft und unseres Heimatortes. Fragen und Wahlen usw. wurden in Vereinsversammlungen vorher besprochen und Entscheidungen nach bestem Willen und Wissen zu beeinflussen versucht. Mancher wertvolle Bürgerzeit ist vielleicht auf solche Weise unserer Fleckensregierung übermittelt worden. Zu wünschen wäre, dass sich unser „Bürgerverein“ auf diesem verhältnismäßig noch neuem Gebiet weiter entwickelt, zum Nutzen unserer gesamten Einwohnerschaft“.

 

Dieser Wunsch, um es gleich anzufügen, ist in Erfüllung gegangen, denn heute ist eine Bürgerversammlung ohne die Anwesenheit von Bürgermeister, Ratsherren und Gemeindedirektor unvorstellbar und noch immer lautet der letzte Punkt der Tagesordnung: „Fragen und Sorgen des Bürgers“.

 

 

Beim Lesen der Chronik fällt plötzlich auf, dass im Jahre 1934 die deutsche Schrift von der lateinischen abgelöst wird. Gleichzeitig erfolgt auf der Versammlung vom Januar 1934 eine „Umstellung der Vereinsführung nach dem Führungsprinzip“. Fünf Monate später liest man folgendes Protokoll einer außerordentlichen Vorstandssitzung:

 

„Als Vereinsführer des Vereins „Bürgerclub Harmonie“ bestimme ich nach Anhörung des Vorstandes, dass dieser Verein künftig den Namen „Dorfgemeinschaft Harmonie“ führt. Der Grund dieser Namensänderung ist folgender:

 

Durch eine Bekanntmachung des Gauleiter-Stellvertreters ist es den Parteigenossen verboten, Mitglieder eines Bürgervereins zu sein, weil eine Beeinflussung des Gemeindeleiters und seiner Ratgeber durch diese Vereine nicht mehr stattfinden soll. Der „Bürgerclub Harmonie“ hat sich politisch überhaupt nicht und kommunalpolitisch nur bei Aufstellung von Wahlvorschlägen anlässlich von Bürgervorsteherwahlen betätigt.

Die Vereinsführer“

 

Auch das ist nun schon Geschichte für die meisten von uns. Es war für alle Vereine eine schwere Zeit. Noch im gleichen Jahr bestimmte der o. g. Kreisleiter des N. S. D. A. P. den Verein künftig „Gemeinnütziger Verein Harmonie“ zu nennen. Zum letzten Mal tauchte dieser Name 1952 auf, und im Jahre 1953 wird endlich aus dem Vereinsführer wieder der Vereinsvorsitzende.

 

Diese Chronik ist eine wahre Fundgrube für Menschen, die sich für die Entwicklung ländlichen Gemeinschaftssinnes interessieren. Die Zeit ist an dem „Bürgerverein Harmonie“ anscheinend spurlos vorübergegangen. Das Protokollbuch ist noch dasselbe, der § 1 der Statuten von 1869 ist noch § 1 der Satzung von 1979, die verstorbenen Mitglieder werden immer noch vom Bürgerverein zu Grabe getragen, die Bürgerversammlung und er Bürgerball finden wie immer jedes Jahr im Januar statt und sind Ausdruck und wirkliches Erleben des § 1 von 1869. Wie früher werden auch heute noch kommunalpolitische Fäden geknüpft und gezogen, immer zum Wohle unseres Ortes uns seiner Bürger – wie früher!!

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